Sagen & Kunstwerke

Geschichten & Legenden

Sagen sind ein wertvoller Beitrag zur Identifikation einer Region. Auch das Freiamt hütet einen reichen «Schatz» an Sagen und Legenden.

Nur wer garstig genug ist wagt sich hier auf ein Stelldichein mit dem gänsefüssigen Waldmännchen und lustigen Reussjungfern auf dem Tanzplatz, oder zum rabenschwarzen Wohler Eichmann auf seinem wuchtigen Baumsitz. Und im übergrossen Spiegelbild wird wohl keinem entgehen, warum der hübsch eingekleidete Zwerg von Muri so plötzlich und für immer verschwand…

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Der Tanzplatz von Zufikon
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1. Der Tanzplatz von Zufikon

«Wer möchte da nicht mittanzen»

Bei Zufikon gab es am alten Spielweg einen Tanzplatz von dem 
man erzählte, dass hier die lustigen Reussjungfern mit gänsefüs
sigen Waldmännchen vertrauliches ‚Stelldichein‘ hielten und gerne 
miteinander tanzten. Auch Hexen seien auf dem Besenstiel hier
her geritten zu einem nächtlichen Treffen. Schwarze Grasringe auf 
dem Tanzplatz zeugten vom wilden Feuertanz der nächtlichen 
Gäste mit dem gehörnten Bösen. Heute ist aber alles verschwun
den, und niemand kann mehr sagen, wo einst der düstere Tanzplatz genau lag.

Auf einem schwarzen Holzschnitzelring tanzen fünf bis 4m hohe, abstrakte Hexenfiguren. Geformt mit der Kettensäge in Eichenholz und geschwärzt mit dem Feuer. Der Ring und die Schwärzung stehen für das imaginäre Feuer in der Geschichte und die fünf Silhouettenfiguren sind die geheimnisvolle Tanzgemeinschaft.

Die abstrakte Umsetzung der menschlichen Körper in diese übergrossen und quadratischen Gliedmassen steigert ihre Bewegung. Es gibt eine moderne Komponente zu allen die beim Tanzen das Glück und die Befreiung suchen.

Der Teufel auf der Isenburg
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2. Der Teufel auf der Isenburg

«Geld allein macht nicht glücklich»

Auf der Isenburg bei Isenbergschwil soll ein schwarzer Teufel 
hocken, welcher am Karfreitag seinen jahrelang bewachten Schatz 
hervorhole und an der Frühlingssonne das glänzende Gold leuch
ten lasse.

Zwei mutige Männer beschlossen einst, dem Bösen den mächtigen Goldschatz zu rauben. Auf dem steinigen Weg zur Isenburg, wo man vor Jahren römische Ruinen fand, stiessen sie auf eine riesige Kröte, welche ihnen den Weg versperrte. Sie spritzte einen Saft aus und vertrieb die beiden Gesellen, die nur mit einem mächtig geschwollenen Kopf davon kamen. 

Eine grosse Steinplatte aus Mägenwiler Muschelsandstein, als trennende Wand aufgestellt, erhält in ihrer Mitte einen eingearbeiteten kleinen Schlitz, der die Betrachtenden in die vertraute Situation eines Bankomaten führt. Die Frau ganz in rot steht davor und möchte ‚Bares‘ beziehen. Dahinter, auf der bruchrohen Seite der Steinplatte, hockt der münzenzählende Teufel und schaut auf’s Geld.

Für die Künstlerin Berta Shortiss war es wichtig, dass ihr Werk für verschiedene Interpretationen Raum lässt. Für die Figuren wählte sie Sagex, der mit Epoxydharz verstärkt wurde. Der Kunststoff steht für den Bezug zu unserer Plastikwelt. Der schwarze Teufel in der Sage soll alljährlich am Karfreitag seinen glänzenden Goldschatz hervorgeholt haben, um ihn in der Frühlingssonne leuchten zu lassen. Nun steckt der Teufel im Bankomat.

Der rote Wyssenbacher
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3. Der rote Wyssenbacher

«Das Jungfrauenblutbad»

Auf dem waldigen Lindenberg lag einst das Schongauerbad, das man auch hin 
und wieder als Guggibad ansprach, weil man weit herum «guggen» konnte oder 
weil auch hier der teuflische Gugger rachsüchtig hauste. Andere Leute wussten 
aber eher vom Wyssenbacherbad zu berichten und bekreuzigten sich beim Namen des Wyssenbachers. Fromme Frauen plauderten aber lieber andächtig vom 
Elfjungfernbrunnen, der hier oben entsprungen sei.

Auf der Lindenberghöhe, man weiss nicht mehr genau wo, hatte der rote Wys
senbach seinen Herrensitz. Er muss ein steinreicher Mann gewesen sein, der allen 
Lüsten frönte und dann zur Strafe für sein ausschweifendes Leben mit einem 
grausigen Aussatz bestraft wurde. Kein Heilbad, weder Arzt noch Wunderdok
tor konnten ihm helfen, es war kein Heilkräutlein für ihn gewachsen. Alle Leute 
der Umgebung mieden ihn, keine Dienstmagd, kein Knecht wollten auf seinem 
verschrienen Herrensitz dienen.

Von der ganzen Umwelt geächtet und scheu gemieden ritt er durch Wald und Flur. 
Es muss ein arg böser Geist gewesen sein, der ihm ein schlimmes Heilmittel ins 
Ohr geflüstert hat: Bade dich im Blute von zwölf Jungfrauen und du wirst gesund 
und vom Aussatz befreit. Auf der Höhe des Lindenbergs sah er eines Morgens elf 
Töchter aus dem nahen Boswil dem Schlattenweg entlang ins Seetal nach Hitzkirch pilgern. Mit einem starken Strick fing er die Mädchen und trotz allem Bitten und Flehen knüpfte der rote Unhold alle an den tief hängenden 
Ästen einer mächtigen Eiche auf und ging auf die eilige Suche nach der zwölften 
Jungfer, um so zu seinem Heil versprechenden Bad zu kommen. In der waldnahen Mühle kannte der Wyssenbach ein hübsches Mädchen und mit 
süss lockendem Lied und bittendem Rufen lockte er die Müllerstochter zu sich 
und riss sie mit wildem Griff auf sein ungeduldig scharrendes Ross. Mit der Beu
te sprengte der Räuber davon zu der Bluteiche der elf unglücklichen Jungfrauen von Boswil. Die Müllerstochter ahnte ihr schlimmes Ende und flehte den 
aussätzigen Wyssenbach an und bat um einen letzten Wunsch. Der Mädchenräuber fühlte sich sicher und gewährte die Bitte.

Wir sind hier zwischen Wald und Feld
es hört Dich weder Gott noch Welt
drum schreie, was du schreien kannst!
Die Todgeweihte rief nach Vater, Mutter und Bruder, aber der Vater sass beim 
Wein, die Mutter war krank und der Bruder auf der Jagd. Die kranke Mutter aber 
spürte die Not ihres Kindes und hörte die zitternde Stimme der hilflosen Tochter 
und in grosser Angst rief sie den jagenden Sohn und der Wind trug die müt
terliche Bitte in den Wald. Der Bruder spürte die Not der Schwester und hörte 
plötzlich die hilfeflehenden Rufe. Er ritt dem Rufen nach, brach durch das dor
nige Gestrüpp und stand urplötzlich vor dem roten Bösewicht, der seine letzte 
Beute, die zwölfte Jungfer, an der Eiche aufknöpfen wollte. Mit wildem Sprung 
befreite er seine fast ohnmächtige Schwester, fesselte mit dem Todesstrick den 
überraschten Wyssenbacher an den Sattelkopf seines Pferdes, gab dem Tier die 
harten Sporen und in wildem Ritt schleifte er den Bösewicht im Walde zu Tode. 
Mit der befreiten Schwester vor sich ritt der Bruder nach Hause, wo die kranke 
Mutter sehnsüchtig auf ihre Kinder wartete und auf müden Knien neben dem 
Bette betete.

Die toten Leiber der elf Mädchen wurden bei der Bluteiche im Waldboden bestattet, eine kleine Quelle entsprang dem Unglücksplatz und viele Kranke fanden 
in dem kühlen Waldwasser Heilung von vielen Gebresten. Wenn auf der Höhe 
des Lindenbergs sich graue Wetterwolken ballen, hört man oft den roten Wyssenbacher mit seinem fuchsroten Pferd durch das Gehölz jagen.

In der Mitte steht markant ein Pferdekopf mit weit geöffneten Nüstern aus Mägenwiler Muschelsandstein herausgehauen. Darüber schweben an Stahlseilen die elf erhängten Jungfrauen. Der Pferdekopf ist halb Skelett und halb lebendig und führt uns so zu dem schrecklichen Wesen, das im roten Wyssebacher geweckt wurde. Das Blut, das aus den umliegenden Astlöchern der Bäume hervorquillt, steht für das grosse Leid sowie für das heilende Quellwasser. 

Das Rüssegger-Licht an der Reuss
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4. Das Rüssegger-Licht an der Reuss

«Das Licht im Dunkeln weist den Weg»

Ulrich III. von Rüssegg war mit der hübschen Nachbarstochter en
net der Reuss, mit Elisabeth von Hünenberg, glücklich verheiratet. 
Mit ihren Kindern ging die Hünenbergerin oft in die väterliche 
Burg auf gastliche Visite. Eines Abends wurde es unverhofft früh 
finster und in dunkler Abendzeit kam die frohe Gesellschaft endlich 
an die Reuss, machte es sich im bereitliegenden Fährschiff bequem 
und stiess vom Hünenberger Ufer ab. Allein in der dunklen Nacht 
sah der Fährmann vergeblich nach dem Rüssegger Landeplatz mit 
dem Sturmlicht aus. Das Fährschiff geriet in arge Not, die Reuss
wellen schlugen über die Bootswand und der Weidling schaukelte 
bedenklich. Zwei Buben der Rittersfrau stürzten voll Schrecken ins 
nachtdunkle Wasser und unter wehem Hilferuf sanken sie unter. 
Endlich gelang die Landung des Schiffes am rettenden Ufer. Gross 
war die Trauer auf Rüssegg. Um in alle Zukunft ein solches Unheil 
zu bannen, stiftete der Freiherr Ulrich von Rüssegg eine hell strah
lende Laterne am Reussplatz. So leuchtete das Rüssegger Licht all
abendlich über das Flusswasser, bewahrte vor Unheil und kündete 
den rettenden Anlegeplatz von weitem an.

Als dann eine feste Brücke ins Zugerland hinüber gebaut wurde, 
kam die Lichtspende von der Fähre in die Sinser Pfarrkirche und 
so leuchten in dem Gotteshaus stets zwei «ewige Lichter» vor dem 
Tabernakel des Hochaltars.

Figürliche, handwerkliche Arbeit in Mägenwiler Muschelsandstein gespitzt. Die Lampe ist vergoldet. Die beiden Figuren haben ihre Kinder verloren und sind so durch ihr gemeinsames Schicksal verschmolzen. Doch in ihnen steckt Hoffnung. Als Träger des Lichtes sind sie ein kleines Mahnmal bei der Überwindung des Schicksals, auch über diese Geschichte hinaus.

Felix Bitterli

Felix Bitterli
Steinbildhauer

 

Der Wohler Eichmann
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5. Der Wohler Eichmann

«Von Eichen sollst du weichen»

Im Wohler Oberdorf, wo einst nur ganz wenig Häuser standen, war 
eine uralte, schattige Eiche. Dieser Eichbaum war bekannt, hielten 
doch einst die bösen Freiämter Hexen hier ihr Treffen und holten 
vom Eichbaum gern Blätter, um mit ihnen Verderben stiften zu 
können. Im wirren Geäst sass oftmals ein rabenschwarzer Mann, 
der Wohler Eichmann. Nur selten stieg er von seinem Baumsitz 
herunter, um einen allzu neugierigen Burschen barsch zu verjagen 
oder einen böswilligen Kerl in dem nahen Bremgarter Wald in die Irre zu führen.

Aus einem 3 Meter hohen Eichenstamm heraus geschnitzt, sitzt der Eichmann auf seinem übergrossen Eichenstuhl. Er selber ist ganz schwarz und etwas unheimlich. Er wird wohl kaum heruntersteigen. Oder? In der Geschichte wie auch in der Skulptur ist der Eichmann an seinen Ort gebannt.

Christine Lifart

Christine Lifart
Bildhauerin/Sozialpädagogin

 

Der Zwerg von Muri
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6. Der Zwerg von Muri

«Kleider machen Leute»

Oberhalb des Klosterhofes Muri bewirtschafteten Sennen die gros
sen, fetten Weiden des Habsburger Klosters. Oftmals staunten sie, 
wenn vom Klosterturm her das silbern klingende Matutin-Glöck
lein den frühen Morgengruss einläutete und sie ihre Tagesarbeit 
mit der Fütterung der Tiere beginnen wollten, denn im Stall war alles wohl gerüstet. Die Morgenmilch schäumte in den blanken Kübeln, Trichter und Richter hingen fein geputzt an der Wand und der Boden war von Stroh und Heufutter gereinigt. Wer hatte die Früharbeit so meisterlich getan? Diesen willkommenen Helfer wollte man doch kennen lernen und darum stellten die Sennen nächtliche Wachen auf und diese Späher sahen ein kleines Männchen durch das schmale Futterloch in den Stall schlüpfen und in der morgendlichen Stille alle Arbeiten blitzschnell verrichten, um dann flugs zu verschwinden.

Die glücklichen Sennen wollten dem kleinen, armselig gekleideten 
Helfer danken und liessen beim Dorfschneider in der Egg ein hüb
sches, farbiges Wämslein, bunte Hosen und ein Lederkäppchen rüs-
ten und legten die kleidsamen Geschenke vor einen Stallspiegel hin. 
Der Zwerg kam, sah die Gaben, wechselte sein geflicktes Gewand 
und schlüpfte in das neue, köstliche Gewand. Im Spiegel beguckte 
er sich in seiner Pracht und Herrlichkeit und rief voll Entzücken 
aus: «Jetzt bin ich ein Herr, jetzt bin ich kein Senn, kein Knechtlein 
mehr». So jubelte er, verschwand durch das schmale Futterloch und 
ward nie mehr gesehen.

Ein bunter Zwerg mit Schlips und Wams steht vor einem übergrossen Spiegel mitten im Wald. Der Besucher kann sich zu diesem intimen Moment dazugesellen und steht plötzlich sich selbst gegenüber. Die glitzernde Figur ist eine plastische Arbeit in armiertem Beton aufgebaut und mit bunten Mosaiken überzogen. Der gebogene Spiegel ist aus Chromstahl und auf einem rostenden und verzierten Rahmen angeschweisst. Auch darf der grosse Rechen nicht fehlen. Die umliegenden Bäume geben trotz Weitsicht ein Gefühl von einem Raum mit Moosteppich.

Die drei Angelsachsen
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 7. Die drei Angelsachsen

«Gelegenheit macht Diebe»

Drei fromme Pilger aus dem fernen Land der Angelsachsen beteten einst am 
Grab des von ruchlosen Mördern erschlagenen heiligen Meinrads von Sigmarin
gen im Finstern Walde, wo heute das Kloster Einsiedeln steht. Von der Gnaden
stätte Maria-Einsiedeln zogen sie über den Katzenstrick ins Zugerland und von 
da über die Reuss gegen Muri, wo sie im Habsburger Kloster die Vesper mit den 
Benediktinermönchen sangen. Darauf wollten sie weiter gegen den heimatlichen 
Norden, kauften im Klosterdorf Brot und Speisen und wanderten am gastlichen 
Haus «Zum goldenen Ochsen» vorbei. Da hörten sie frohe, lüpfige Tanzweisen: 
ein junges Liebespaar feierte mit einer großen Gesellschaft das hochzeitliche 
Mahl. Durch das offene Fenster sah die glückliche Braut die fremden Pilger und 
in ihrem grenzenlosen Glück stupfte sie ihren neuen Ehemann und beide luden 
die drei Pilger an den Hochzeitstisch zu Speise und Trank.

Als es langsam Abend wurde, brach die frohe Hochzeitsgesellschaft auf und die 
Angelsachsen zogen mit, denn das Heimwesen der Brautleute lag im Büelisacher, 
und der Weg der Pilger führte auch dort vorbei. Im Büelisacher wollte man die 
drei Fremdlinge über die Nacht beherbergen, sie aber beharrten auf ihrem Wei
tergehen und verabschiedeten sich von der gastlichen Gesellschaft. Einer der drei 
Angelsachsen schenkte der glückstrahlenden Braut ein Goldstücklein. Die 
kleine Dankesgeste sah leider ein beutelüsterner Bursche, der sich unter die Hoch
zeitsgesellschaft gemischt hatte, und er erzählte davon zwei andern Gesellen. Das 
kleine Goldstücklein lockte zu einem reichen, nächtlichen Beutegang.

Als die drei Pilger betend durch den nächtlich dunklen Tann schritten, brachen 
aus wildem Weggestrüpp drei rohe Burschen, die auf reiche Goldbeute hofften, 
mit ihren scharfen Schwertern den Pilgern die Köpfe abschlugen und diese ins 
Gestrüpp warfen. Beim Plündern der toten Leiber fanden die Mordgesellen aber 
kein Gold, sie gerieten in Wut, und als von einer Tanne ein aufgeschreckter Uhu 
sein Geschrei anhub, stoben sie unter brüllendem Fluchen davon. Aber da erho
ben sich die drei Angelsachsen, holten ihre abgeschlagenen Häupter und wuschen 
sie an einer kleinen Waldquelle am Weg. Seither fliesst dort rötliches Wasser aus 
dem kleinen Weidbrünnlein und die Ackererde nahm eine rote Färbung an. 
Mancher Hilfesuchende fand später Heilung an diesem Waldquell.

Die drei Angelsachsen schritten weiter und als ein schwarzes Gewitter aufzog 
und prasselnder Regen fiel, suchten sie unter einem großen Stein am Waldweg 
Schirm und Schutz. Der Stein wuchs als Schutzdach über die drei Männer. 
So fand ein des Wegs kommender Bettler die drei Toten, welche ihre blutigen 
Häupter in den erstarrten Händen hielten. Voll Schreck meldete er den grausigen 
Fund in Sarmenstorf. Priester und viel Volk eilten zum Waldfelsen und bargen 
die drei Leichen in der nahen Wendelinskapelle, wo sie ihnen eine Ruhestätte 
rüsteten und den Schutzfelsen später ob dem Grab in der Kapelle aufstellten. 
Das Angelsachsengrab wurde eine Pilgerstätte und im Pilgerlied hieß es: «Gleich 
wie ein Dach hatt‘ Schatten gmacht der Stein und hat Schirm gegeben.»

Für die letzte Ruhestätte soll man den alten Steinsarg aus dem Schloss Hallwil ge-
holt haben, in dem einst Hans von Hallwyl, der Führer von Murten geruht habe, 
denn es wird behauptet, dass man auf dem Grabstein undeutlich lesen konnte: „In 
diesem Stein ist ihre Ruh, man wollt‘s gar wohl bewahren. Alt-Hallwil gab den 
Stein dazu vor mehr als hundert Jahren.“ Als die Pilgerschar größer wurde, hat 
man dann die sterblichen Überreste der drei Angelsachsen in der Pfarrkirche be-
stattet. Da die drei Pilger aus dem Angelsachsenland auf ihrer Todeswanderung 
von einem Gewitter überrascht worden waren, gelten sie als Wetterheilige und es 
hiess von ihrem Todestag, dem 8. Jänner, im Volksmund: «Wenn d‘ Angelsachse 
am Fäschttag ihr Grab nid chönd sunne, so chamer a de Erndt au d‘ Garbe nid 
ganz sunne».

Die drei Angelsachsen halten ihre Köpfe in den Händen und sind alle rund 4 Meter hoch. Die urwüchsige Form der Robinienstämme gibt jeder Figur die langgezogene Körperhaltung. Mit der Kettensäge wurden die ganzen Figuren grosszügig herausgearbeitet und zum Schluss einheitlich geflammt und gebürstet.

Der Standplatz dieser schmalen, hohen und verbrannten Gestalten ist bewusst eng gewählt. Es benötigt etwas Überwindung um in ihre Mitte zu gehen. Der Betrachter erhält auch den Eindruck, die Robinien seien genau hier gewachsen. Die abgetrennten Köpfe haben etwas Entrücktes, und doch geben wir im Spiel mit der schmalen Form Leben in diese drei Körper.

Der Stifeliryter
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8. Der Stifeliryter

«Hochmut kommt vor dem Fall»

Das Kloster Muri, das von Gräfin Ita von Lothringen und Graf Radebot von 
Habsburg gegründet worden sein soll, wurde von Mönchen aus dem Finstern 
Walde, von Maria-Einsiedeln, besiedelt. Im Laufe der Jahrhunderte wuchs der 
Landbesitz des Klosters, neue Güter kamen in den Verwaltungsbereich des Konventes und der Abt musste einen weltlichen Schaffner für die Verwaltung des 
weitverstreuten Klostergutes einsetzen. Der Gnädige Herr hatte aber nicht im
mer eine gute Hand bei der Wahl seines mächtigen Verwalters des grossen Be
sitztums; so weiss die Sage von einem rotbärtigen Gutsverwalter zu erzählen, 
der auf einem kräftigen Schimmel über Felder und Äcker, durch Wald und Flur 
ritt. Leider besass der Verwalter eine ränkesüchtige, grundfalsche Seele, wusste 
aber diese schlechten Eigenschaften unter einem scheinheiligen Tun zu verste
cken. Schmähte er auf seinen Ritten einsame Feldkreuze mit einem Fluchwort 
und schlug wildzornig mit seiner ledernen Reitpeitsche ein buckliges Weiblein 
am Ackerrand, so küsste er ergebenst den goldenen Ring des Prälaten in der Äb
testube des Habsburger Klosters und wusste alle Klagen gegen ihn fernzuhalten. 
Da er sich stets auf stolzem Ross zeigte, mit seiner Gerte auf die hohen Leder-
stiefel schlug und seine gierigen Augen habsüchtig herumschweifen liess, nannte 
ihn das Volk einfach den «Stiefeliryter».

Diesem üblen Burschen stach das Gehölz im Büttiker Bärholz schon lange in die 
raffgierigen Augen. Mit sehnsüchtigem Blick ritt er durch die grünen Sträucher, 
um das dunkle Bärholz und erhob plötzlich unerwarteten Rechtsanspruch auf 
diesen Besitz. Zwar fehlte ihm eine pergamentene Urkunde, aber auch die Büt
tiker Bauern hatten kein gesiegeltes Beweisstück für ihr angestammtes Gut. Es 
entstand ein böser Rechtsstreit und der kam vor den Landvogt in Bremgarten.

Der Landvogt erschien im Bärholz, die Bauern wiesen auf urdenkliche Zeiten 
hin, seit denen sie das Gehölz nutzten und der Stiefeliryter beharrte auf seinem 
Recht, das er mit einem Eid beschwören könne. Diesen Eid leistete er dann auch. 
Seine weiten Reitstiefel füllte er mit trockener Ackerkrume aus dem Murianer 
Klostergarten und unter seinen filzigen Allwetterhut steckte er die saubergeputz
te Milchkelle, welche die Sennen Richter oder Schöpfer nannten. So trat er vor 
den Landvogt, reckte seine drei Schwörfinger gegen den Himmel und schwor, 
der Wald gehöre dem Kloster, so wahr er auf Klosterboden stehe und den Schöp
fer und Richter ob sich habe. Das war der böse Meineid des Stiefeliryters und 
der Übeltäter fiel auf den Waldboden und war tot. In seinen Stiefeln fand man 
die Erde aus dem Klosterhof, in seinem Hut den Milchschöpfer. Im hintersten 
Winkel des Dorffriedhofes wurde er verscharrt, aber er fand keine Ruhe. In gras
grünem Jagdkleid ritt er mit verdrehtem Kopf auf seinem Schimmel über die 
Höhen des Lindenbergs. Aus seinem weitgeöffneten Schlund zuckte höllisches 
Feuer; mit klatschenden Hieben schlug er auf seine hohen Stiefel. Er schreckte 
einsame Wanderer und jagte Holzfrevler aus dem dunklen Tann des Bärholz. Da 
er auch in weiter Umgebung viele Übeltaten verbrochen, sah man ihn auch im 
Maiengrün, hörte ihn dröhnend über die Reussbrücke von Bremgarten reiten 
und mancher Holzarbeiter bekreuzte sich im Wohler Wald vor dem wild vorübertrabenden Reiter.

Die beiden Stiefel sind mit der Kettensäge aus Eichenholz geschnitzt und hängen über uns an einem freistehenden Tor fest montiert. Die ehemalige Steineinfassung einer Scheuneneinfahrt hebt die übergrossen Stiefel 4 Meter weit in die Höhe, so dass imaginär in der Fantasie der Betrachter ein übergrosser Reiter entsteht. Die Stiefel haben Eichenfarbe und Formenschönheit, die getragenes Leder in sich birgt. Sie sind ganz auf sich selber gestellt – genug um auf die Betrachtenden zu wirken. Die Verzierung am Stiefelrand hat bewusst auch etwas von einer Krone und somit märchenhaftes. Zusammen mit der barocken Absatzform ist es das ‚Vornehme und Schöne‘, welches uns hier über unseren Köpfen entgegentritt und, gepaart mit Übergrösse sowie eingehauchtem Leben, auch dominiert. Der geschwärzte Balken steht für das Schicksal von diesem raffinierten Hochmut, der helle Stein für das Ross und auch als Tor zu dieser Geschichte.

Gesamthöhe 4 m, Breite 3.5 m

Der Kegler im Uezwiler Wald
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9. Der Kegler im Uezwiler Wald

«Ein Unglück kommt selten allein»

Zwischen Uezwil und Kallern liegt ein schattiger Buchenwald und auf der Höhe der kleinen Waldkuppe war an einem Fussweg eine Lichtung und auf diesem Platz wuchs an einer langen Strecke niemals ein Grashalm. Man erzählte, dass hier vor urdenklichen Zeiten die lange Kegelbahn der früheren Waldwirtschaft gelegen sei. Die von weither viel besuchte Gaststätte und die bekannte Kegelbahn seien aber schon lange verschwunden und nur die stets öde Wegstrecke erinnere an den ehemaligen begehrten Spielplatz der lustigen, aber oft auch streitenden Kegler. Es kam oft zu Streit, ja sogar Messer wurden gezückt. Mancher Spieler trug schlimme Schäden davon.

Um Mitternacht huschen dunkle Schatten von falschen, streitsüchtigen Spielern über den verödeten Platz; man hört die rollenden Kugeln und das dröhnende Fallen der Kegel, aber auch das Streiten und Lärmen uneiniger Spieler samt dem röchelnden Stöhnen wütender Raufbrüder. In diesen wilden Lärm klingt helle Tanzmusik, die so lange zu hören ist, wie der Lärm der Uezwiler Kegelbrüder. Nächtliche Wanderer wurden oftmals durch surrendes Rauschen im Buchenwald am Weiterwandern gehindert und konnten erst nach wilden Schlägen mit einem geschwollenen Kopf spät heimkommen. Buben, die am Hang des Greberenwald Ziegen hüteten, hörten bisweilen gegen die Abenddämmerung lustige Musik erklingen, die dann aber plötzlich mit lautem Prascheln in das nahe Gehölz fuhr.

Entlang eines abfallenden Trampelpfades sind vier übergrosse Kegel aus Eichenholz wild verteilt. Sie sind nicht im Gleichgewicht und scheinen mit ihrer inneren Verformung zu tanzen bevor sie fallen. Ihre bunten Farben verschaffen zusammen mit dem schrägen Gelände sehr schöne Anreize und auch Dynamik mitten im Wald. Die Kegelkugel mit einer Griffvertiefung für übergrosse Hände wartet zuoberst auf ihren nächsten Einsatz.

Nicolas Wittwer

Nicolas Wittwer
Bildhauer

 

Hexenmusik im Maienrün
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10. Hexenmusik im Maiengrün

«Trau schau wem!»

Hin und wieder hörte man im Hägglinger Maiengrün und am 
Anglikerberg eine seltsame Musik erklingen und wer den geheim
nisvollen Tönen nachging, verirrte sich und musste stundenlang im 
Wald umherwandern. Es sollen Hexen gewesen sein, die neugierige 
Wanderer auf Irrpfade lockten und sie mit ihrer Musik betörten, 
sodass sie auf falsche Pfade gerieten. Besonders auf dem Angliker
berg, wo man von zwei alten Grabhügeln zu berichten weiss, seien 
die einheimischen Hexen gern geweilt und haben im Birch lustig 
musiziert, darum nannte das Volk diese seltsamen Töne auch Birch
musik.

Die Skulptur setzt sich aus drei Steinstelen in Kombination mit Chromstahl zusammen. Die dritte und hinterste beinhaltet eine Glocke, welche durch den Windfang über eine Mechanik betätigt wird.

Klänge und Töne beeinflussen den Menschen in jeglicher Weise. Manche bezaubern, manche erschrecken, wieder andere beruhigen oder beflügeln uns. Bei der Umsetzung der Sage „Hexenmusik im Maiengrün“, sollen Klänge die Neugier in uns wecken. Man hört sie und will wissen woher sie kommen. Sie verführen uns vielleicht auch, einen Umweg zu gehen, um den seltsamen fremden Geräuschen auf die Spur zu kommen.

Die drei Meter hohen und hellen Steinstelen sind mitten im Wald bewusst fremd. Der Ort soll durch diese modernen Formen eine eigene Mystik erhalten.

René Philippe

René Philippe
Steinbildhauer

 

Die Waltenschwiler Hexe
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11. Die Waltenschwiler Hexe

«Ein Ausritt gefällig»

Zwischen Waldhäusern und Waltenschwil rauschten einst in einem kleinen Wäldchen mächtige Eichen und daneben lag an der holprigen Landstrasse das geheimnisvolle Tscho-Feld mit seinen dunkelfarbigen Ackerschollen. Der Name Tscho-Feld wird mit einer Hexe aus Waltenschwil in Verbindung gebracht. Das von ihr bewohnte winzige Hexenhäuslein ist zwar schon längst verschwunden, nur kleine Mauerreste hätten vor undenklichen Jahrzehnten noch den Wohnsitz der eigenartigen Frau verraten können, aber heute kennt niemand mehr den Platz.

Die Hexe hütete das Geheimnis einer wundersamen Salbe. Strich man nur ein wenig davon an den Besenstiel, dann konnte man rittlings durch die Luft sausen und am gewünschten Zielort sich unbemerkbar absetzen. So habe sie eine würzige Zwiebelsuppe zum Mittagmahl gewünscht und habe erst, als schon die goldgelbe Butter über dem Feuer brodelte, gemerkt, dass ihr die nötigen Zwiebelknollen fehlten. Rasch holte sie den Besen aus der Küchenecke, strich etwas von der Salbe an den Holzstiel und im wildesten Hui ging’s auf den Basler Marktplatz vor dem Rathaus und mit einem weisslichen Leinensäcklein der Marktfrau flog sie heim. Noch brodelte die Butter in der schwarzen Pfanne, sie schnetzelte die Zwiebeln ohne Tränen und das Basler Gemüse fühlte sich in der Waltenschwiler Butter daheim. Nicht einmal der hungrige Ehemann spürte die Basler Herkunft seiner Lieblingsspeise, da er nicht die geringste Ahnung vom geheimnisvollen Getue seines Gespones hatte.

Einst war die Frau ausser dem Hause und der Bauer wollte seinen alten Ackerwagen schmieren. In der Küche fand er nach langem Suchen den begehrten Schmierkübel unter dem dunklen Küchenherd. Er schmierte damit die trockene Radachse und kaum hatte er etwas Salbe an das Rad gestrichen, erhob sich zu seinem Staunen der Ackerwagen in die Höhe und lief querfeldein. Die Hexe sah am Waldrand den herrenlosen Wagen ohne Pferd daher sausen und sofort rief sie dem schaurigen Gefährt das Zaubersprüchlein zu: «Tscho, Schnöri!» und der Wagen stand bockstill auf dem Acherweg beim Eichwäldli. Das Bannwort bedeutete: «Heimwärts mit der Schnauze voraus». Die Hexe und der verhexte Wagen kamen gleichzeitig auf den Hof heim. Nachbarn, die in der Nähe auf dem Felde arbeiteten, hatten das eigenartige Gefährt und den schrillen Hexenruf gesehen und gehört und nannten seither das Gebiet «Tscho-Feld».

Zwischen zwei Bäumen aufgehängt schwebt ein mehr als 4m langer Hexenbesen über unseren Köpfen. Wenn wir uns in die angehängten Schaukelsitze hineinsetzten, können wir einen wilden Ausritt wagen. Zu Zweit gibt es wie von Hexenhand noch einen Rodeo-Effekt, der das Schaukeln gegenseitig verstärkt.

Auf dem Rand des riesigen Zauberhutes gilt es bei einer Umrundung den Halt nicht zu verlieren, denn auch dieser bewegt sich. Und wer schon immer ausprobieren wollte, wie es sich anfühlt, in einem Hexenkessel zu schmoren, sollte dies nicht ‚anbraten‘ lassen.

Brennende Männer
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12. Brennende Männer

«Wegweisendes Irrlicht»

In den alten Freiämter Wirtsstuben schenkte man schäumenden 
Most und roten Elsässerwein aus. Der Wein wurde aber nicht durch 
einen Händler vermittelt, sondern die Freiämter Wirte holten sich 
in Gemeinschaft mit Wirtskollegen den Wein drunten im Elsass 
am Rhein. Auf diesen Fahrten begegneten die Freiämter Fuhr-
leute oftmals gar seltsamen Gestalten, die wie brennende Fackeln 
über den Fuhrweg wanderten. Oft sprachen die unerschrockenen 
Pferdeknechte diese brennenden Männer an und baten um Aus
kunft über diese seltsame Erscheinung. Den bittenden Männern 
versprach man Hilfe aus der brennenden Not durch Stiftung einer 
heiligen Messe für die armen Seelen. Die brennenden Män
ner schritten stundenlang der Weinfuhr voran und leuchteten den 
dunklen Nachtweg aus, damit die Fuhrleute sicher und gut über Weg 
und Steg kamen. Von solchen brennenden Männern erzählten sich 
die Weinführer oft am abendlichen Rastort bei Speis und Trank die 
schaurigsten Geschichten.

Egal ob wir kommen oder gehen, der 4 Meter hohe brennende Mann weist uns den Weg. Aus weichem Berner Sandstein gespitzt, sind seine Arme, Beine und Haare sogleich Körper und Flammen in einem. Es lohnt sich seine sandigen und feuchten Haare auch aus der Nähe zu erkunden und seine übergrossen Glieder zu berühren. Diese brennenden Irrwische stammen von Menschen ab, deren Seelen zwischen den Welten umher irren und so keine Ruhe finden.

Quellenhinweise

  • Fotos von Reinhard Strickler www.photofascination.ch
  • Dominique Andereggen www.flussreif.ch
  • Fabian Furter www.imraum.ch
  • Menschen, Geister, Fabeltiere. Aargauer Sagen, Anekdoten und historische Texte. Erschienen im AT Verlag und Lehrmittelverlag des Kantons Aargau.
  • Schweizer Sagen aus dem Aargau von Ernst Ludwig Rochholz, Verleger Edition OLMS.

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